Jesus wird seiner Kleider beraubt



10. Station  JESUS WIRD SEINER KLEIDER BERAUBT

 

         „Dann warfen sie das Los und verteilten seine Kleider unter sich. Die Leute standen dabei und schauten zu; auch die führenden Männer des Volkes verlachten ihn…“ (Lk 23,34f)

 

           Was damals geschah:

Jede Folter beginnt damit, einen Menschen zu entblößen, ihn vollkommen wehrlos zu machen und ihm seine letzte Schutzhülle und Würde zu nehmen. Diese Erniedrigung muss auch Jesus über sich ergehen lassen. So machen sie sich wieder über ihn her, zerren ihm sein Obergewand und sein Unterkleid vom Leib, das an seinen Wunden klebt. Kleider schützen die Persönlichkeit eines jeden Menschen. Deshalb trifft diese Entblößung Jesus ins Innerste. Sie gibt ihn den unbarmherzigen Blicken der Menschen preis.

 

           Was heute geschieht:

Überlebende Frauen aus Konzentrationslagern erzählen – unter Stocken und schweren Herzens –, dass dies der schlimmste Moment nach ihrer Ankunft im Lager war: komplett ausgezogen zu werden, unter dem Spott und den schmutzigen Bemerkungen der Wachmannschaft ihre Körper nur noch notdürftig mit den Händen bedecken zu können, den letzten Schutz zu verlieren. Ein tiefer Eingriff in die Persönlichkeit, der traumatisiert. Die Folter hat bis heute nicht aufgehört, wir begegnen ihr in jedem Bürgerkrieg. In Trauer darüber lasst uns beten:

 

           (im Wechsel)

Gnadenlose Hände greifen nach den wehrlosen Körpern von Menschen.

Harte Hände nach zarten Körpern.

Große Hände nach kleinen Körpern.

Sie machen Angst, diese Hände.

Sie lassen erzittern, diese kalten Blicke.

Sie schüchtern ein, diese harten Stimmen.

Wer weiß noch: Des Menschen Körper ist der Tempel des Heiligen Geistes?

 

Erbarme dich über uns und über die ganze Welt!



MISEREOR - Kreuzweg für Erwachsene 2017                         von Jutta Lehnert Koblenz